Presse aktuell 2013


BZ vom 8.1.13

Mundart für alle Tonlagen

Auf Einladung des Hebelbundes spannte Uli Führe im Dreiländermuseum einen weiten Bogen an alemannischen Liedern

Von unserer Mitarbeiterin Gabriele Reinhardt

LÖRRACH. Tiefsinn und Moral im Sinne Hebels, zotig Volkstümliches und grantelnd-zeitkritische Eigenkompositionen — dies abwechslungsreiche Programm hatte der Liedermacher und Musikpädagoge Uli Führe für sein Lörracher Publikum am Sonntag im Dreiländermuseum zusammengestellt.

Der 1957 in Lörrach geborene Musiker gehört mit seinen Kompositionen und Vertonungen längst zum Standardrepertoire in Schulen, Kindergärten und Chören. Uli Führe ist neben seiner Kompositionstätigkeit als Musikpädagoge für Lehrer und Erzieherinnen international unterwegs. In Lörrach erhielt er 2010 vom Hebelbund den Hebeldank.

Hebelbund-Präsident Hans Jürgen Schmidt stellte Führe deshalb als Multitalent der alemannischen Kleinkunst und Stimmkünstler vor. An diesem Abend zollte der Musiker auch Johann Peter Hebel Tribut. Mit seinen leichten musikalischen Untermalungen zu bekannten Dichtungen des Altmeisters zeichnete Führe sein Bild des Dichters. Der rauchende, trinkende Pädagoge Hebel, nicht gerade ein Vorbild im heutigen Sinne, so Führe, zeigt sich in den Liedern "Der Tabakraucher" oder "Der Tod eines Zechers" , und auch Zitate aus Briefen stützen das Bild eines sinnenfreudigen Theologen. Doch dieses Bild Hebels wäre zu schlicht. In den Liedern "Das Spinnlein" , "Trost" oder "Mutter am Christabend" stellt Führe Hebels Feinsinnigkeit und sprachliche Virtuosität in den Mittelpunkt. Hebel setzt immer wieder den Stachel, der kein Heile-Welt-Gefühl aufkommen lässt. Wunderbar interpretiert auch das Zwiegespräch von Mutter und Sohn in "Der Mann im Mond" , in dem Führe eine recht ruppige Mutter ihren zunehmend eingeschüchterten Sohn vor allen Lastern zu warnen versucht.

Den zweiten Teil gestaltet Führe zu einem anregenden Lehrstück über das muttersprachliche Volkslied. 2012 veröffentlichte er mit Stefan Pflaum ein alemannisches Liederbuch unter dem Titel "Woni sing und stand" . Zentrale Idee des Buches ist es, so Führe, die Sechsländersprache einmal in einem Buch zu vereinen. So beginnt der Liedermacher den zweiten Teil mit "Brückenliedern" , die in allen alemannischen Sprachregionen auftauchen. Beispielhaft das Bettlerlied "In Mueders Stübeli" , das in Baden eher Vorteil heischend daherkommt, im Elsass solidarisch, während in Vorarlberg erst einmal die Frage aufgeworfen wird, warum man betteln gehen muss — der Grund ist eine nichtsnutzige Ehefrau. Spottlieder, Wechselgesänge und Liebeslieder aus der Sammlung brachte Führe zu Gehör. Er hat sichtlich Freude daran, die Unterschiede der Regionen herauszuarbeiten. So gebe es beim badischen Volkslied keine Liebeslieder, dennoch habe man sich auch hier vermehrt; im Elsass hingegen sei man in Liebesdingen sehr direkt. In der Schweiz aber finde man die schönsten Melodien — was Führe mit dem tief melancholischen "Stets i Truure" überzeugend illustriert.

Mit zeitkritischen Eigenkompositionen ließ der Liedermacher den überaus abwechslungsreichen Abend ausklingen. Hier wurde Führe mal skurril amüsant, mal lyrisch oder poetisch — so vieles lässt die Mundart zu.