Presse aktuell 2013


MT vom 11.5.13

Der Dialekt ist vieldeutiger

Hebelplakettenträger Markus Manfred Jung: Vater riet zum Alemannischen

Von Ines Bode

Hausen. 1975 schrieb Markus Manfred Jung seine erste Geschichte, die zu preisgekrönter Prosa avancieren sollte, Mut erzeugte und den Anstoß zu einem Schaffensprozess gab. Bis heute ist sein Weg mit Auszeichnungen gepflastert, die jüngste stellt die Hebelplakette dar - traditionell schließt sich der Verleihung die Lesung vor dem Hebelfest an.

Der Abend im Hebelhaus stellte eine komprimierte Rückschau auf nahezu vier Jahrzehnte kreativer Tätigkeit dar. Erkennen ließ sich, dass Inhalte stets vom persönlichen Werdegang geprägt waren. Jung sagte dazu, das Schreiben komme aus einem selbst. Erfreulich sei, wenn sich der Leser den Inhalten anschließen könne. Nicht immer habe er diesen Nerv getroffen, vor allem bei ironischen Versen; ohnehin sei Ironie ein schwieriges Fach.

Die Gunst der Leser zu erringen, gelang ihm spätestens mit der Publikation des Gedichtbands "Rägesuur". 1986 nahm er sich des Reizthemas "saurer Regen" an, junge Autoren äußern sich gern politisch, so Jung erkenntnisreich. Anwachsen sollte das Jung`sche Assortiment auf achtzehn Titel. Einige seien vergriffen, gelegentlich lasse sich ein Exemplar bei "ebay" erwerben, so der Autor launig.

Aus jedem Gedichtband zu dem Anlass vorzulesen, war seine Intention, meinte er augenzwinkernd, um anzufügen, er wollte gnädig sein. Humor zeigte sich auch in den Erläuterungen, die seiner Karriere galten. So mancher seiner früheren Philosophien könne er nicht mehr folgen, er erinnere sich jedoch, sie geschrieben zu haben. Andere seien frisch wie zur Zeit der Niederschrift. Der Tod des Vaters Gerhard Jung etwa, "Hoch- und Vordenker", der ihn neben dem zweiten Vorbild Johann Peter Hebel, prägte. Ein nachsichtiges "jo, jo", habe Gerhard Jung von sich gegeben, als er den Sohn erstmals beim Verfassen einer überdies pathetischen Handlung ertappte. Mit väterlicher Hilfe wurde das Nachwuchstalent in richtige Bahnen gelenkt, unter anderem riet der Erfahrene, statt hochdeutsch alemannisch zu verwenden.

Markus Manfred Jung tat wie ihm geheißen, um festzustellen, der Dialekt enthalte mehr "Möglichkeiten und Vieldeutigkeiten" und überdies stecke in ihm Musik. Diese brachte der frisch gebackene Hebelplakettenträger bei der Lesung unentwegt zum Klingen, darunter Auszüge aus "Halbwärtsziit" von 1989, einer Phase, in der es hieß, "de Gerhard Jung komme, numme eweng jünger".

Viele Erlebnisse weiter, spricht der Mundartdichter davon, Vertrauen in den Leser gewonnen zu haben. Selbstkritisch ging er mit einem (fast verpatzten) Fernsehauftritt um, und von starker Geradlinigkeit zeugte weiter die Begründung, warum er seit 2008 nichts mehr veröffentlicht habe. Bei einem Autorentreffen amüsierte man sich noch über das verloren gegangene Notizbuch Martin Walsers, dann verlor er es selbst, so Jung. Wertvolle Aufzeichnungen vieler Jahre waren hin. Neben vielen Selbsterkenntnissen des Literaten und einer Vielzahl Lesepassagen waren Einblicke des Alltags des Lehrers Jung geboten. Beliebt seien bei Schülern kurze Gedichte (manche mit sechs Worten), dann warne er vor versteckten Haken.

Das Nachdenken überlasse er dem Leser, habe Hebel einst geäußert, ein Credo, das schon Gerhard Jung aufgriff und das sich ebenso für Markus Manfred Jung anwenden lässt, wie eine ganze Reihe tiefsinniger Verse bewies. Manchmal stiehlt sich das Denken über das Schreiben, so der Preisgekrönte begründend.

Musikalisch umrankten sein Gastspiel exzellente Vorträge der Klavierschülerinnen der Musikschule Mittleres Wiesental, Maren Köpple und Susanna Kessler, - den Abschluss bildeten Umtrunk und Austausch.