Presse aktuell 2013


BZ vom 11.5.13

Den Hebelpreis gab’s vorm Nobelpreis

Urwalddoktor Albert Schweitzer erhielt im Jahr 1951 den Hebelpreis /
Das Geld spendete er für Flüchtlinge im Nachkriegsdeutschland


Von unserem Mitarbeiter Elmar Vogt

HAUSEN. Der Elsässer Albert Schweitzer war Arzt, Theologe, Humanist und Philosoph. Weltweite Aufmerksamkeit bekam der Urwald-Doktor, der in Lambarene im zentralafrikanischen Gabun ein Krankenhaus aufbaute, als er im Jahr 1952 den Friedensnobelpreis verliehen bekam. Was heute nur noch die Wenigsten wissen: Albert Schweitzer wurde ein Jahr vor dem Friedensnobelpreis auch der Hebelpreis verliehen .

"Erfüllen wir uns mit dem Geist Johann Peter Hebels und Albert Schweitzers, und es wird besser stehen um diese verworrene Welt unserer Gegenwart, und wir selber werden bessere Menschen sein, jeder einzelne. Denn beim Einzelnen steht der Anfang. Im Geist Hebels und Schweitzers könnte das Angesicht Europas, ja der Erde, erneuert werden" , sagte Staatspräsident Leo Wohleb bei seiner Ansprache beim Hebelabend am 10. Mai 1951 in Hausen. Albert Schweitzer (1875 bis 1965) war 38 Jahre alt, als er 1913 seine elsässische Heimat zusammen mit seiner Frau Helene in Richtung Zentralafrika verließ.

Dort begann für das Ehepaar ein neues Leben: Im endlosen Grün des gabunischen Regenwaldes, wenige Kilometer südlich des Äquators, baute Schweitzer aus eigener Kraft und mit einfachsten Mitteln Anfang des 20. Jahrhunderts ein Krankenhaus auf.

So begann vor 100 Jahren in Lambarene jener Teil eines Lebens, mit dem der protestantische Theologe sich als tätiger Christ bewies. In Afrika entwickelte Schweitzer auch die Kernthesen seiner Ethik, wie die "Ehrfurcht vor dem Leben" , die ihn weltberühmt machten. Bereits im Alter von 20 Jahren hatte Schweitzer davon gesprochen, dass er sich, bis er 30 Jahre alt sei, der Wissenschaft und der Kunst widmen werde. Etwa gleich viele Jahre seines Lebens war Albert Schweitzer Deutscher und Franzose: Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 war seine elsässische Heimat dem Deutschen Reich zugeschlagen worden, am Ende des ersten Weltkriegs wurde es wieder französisch, die Nazis holten die Elsässer 1940 ins "Dritte Reich" . Und seit dem Ende von Weltkrieg II sind die Elsässer wieder Franzosen.

"Aber in derart eingeschränkten Kategorien hat er nicht gedacht" , sagte Damien Mougin, Präsident der französischen Albert Schweitzer-Gesellschaft, denn Albert Schweitzer selbst habe sich gern als "Weltbürger" bezeichnet. Die Franzosen haben Schweitzer erst spät entdeckt, als seine deutschen Schriften nach und nach übersetzt wurden. Damien Mougin wünscht sich, dass die Menschen Schweitzer wieder entdecken. Spätestens in zwei Jahren möchte er die Aufmerksamkeit auf den berühmten Elsässer lenken, denn dann jährt sich Albert Schweitzers Todestag zum 50. Mal.

Den Hebelpreis konnte Albert Schweitzer damals nicht persönlich entgegennehmen, doch schrieb er einen Dankesbrief an Leo Wohleb: "Den Preis nehme ich mit großer Freude an. Aber die Geldsumme, die damit verbunden ist, kann ich nicht annehmen, da ich mir nicht erlaube, etwas aus Deutschland für mein Lambarene-Werk zu empfangen, solange so viel Not und so viel Flüchtlinge in Deutschland sind. (...) Also müssen Sie mir erlauben, Ihnen den Scheck wieder zuzustellen und Sie zu bitten, über das Geld nach Ihrem Ermessen zu verfügen."

Albert Schweitzer wünschte sich, dass das Geld zur Unterstützung von alten, notleidenden Schriftstellern, Künstlern oder Flüchtlingen verwendet wird. Mit den Worten, "Der Hebelpreis macht mir große Freude; fast hätte ich "a Mordsfreid" gesagt, womit mein Alemannentum zum Ausdruck käme", schloss Albert Schweitzer seinen Dankesbrief zum Hebelpreis humorvoll ab.