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Presse aktuell 2013
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BZ vom 12.7.2013
"Hausen und Hebelfest gehören zusammen"
Seit 153
Jahren ist Johann Peter Hebels Geburtstag am 10.
Mai der höchste Feiertag im Hebeldorf / Hans
Stiegeler ist seit 61 Jahren immer dabei
Von unserer
Redakteurin Marlies Jung-Knoblich
HAUSEN. Einmal im Jahr steht die beschauliche
Gemeinde Hausen im Wiesental im Blickpunkt der
Öffentlichkeit: Immer am 10. Mai wird der
Geburtstag von Johann Peter Hebel, der 1760 in
Basel geboren wurde und der am 22. September
1826 in Schwetzingen starb, gefeiert. Für Hausen
ist das der höchste Feiertag im Jahr, das ganze
Dorf macht mit. Und das seit 153 Jahren!
Jedes Kind, das in Hausen aufwächst, macht
Bekanntschaft mit Hebels literarischem Werk,
aber auch seiner Biografie. Johann Peter Hebel
hat Theologie studiert, war Pädagoge und wurde
1819 zum Prälaten der evangelischen Landeskirche
ernannt. Damit war er Mitglied der Ersten Kammer
des badischen Landtags. Hans Stiegeler aus
Hausen (Jahrgang 1946) nimmt seit 1952 am
Hebelfest teil. Als Schulkind hat er sich, wie
alle anderen auch, aufs Fest vorbereitet und
beim Hebelfest etwas vorgetragen. Das war für
ihn keine leidige Pflicht. "Wir haben alle gern
mitgemacht" , erzählt Hans Stiegeler. Ihm haben
schon als Kind die Gedichte und
Kalendergeschichten Hebels sehr gefallen. Beim
Umzug am Hebelfest lief Hans Stiegeler als Kind
in der Tracht des Hanseli mit. Die Mädchen gehen
als Vreneli. Ein Gedicht Hebels von Hans und
Verene steht hier offenbar Pate. Seit 1961
spielt Hans Stiegeler bei der Hebelmusik Hausen
mit, die am Hebelfest eine zentrale Rolle
spielt. "Die Tracht der Hebelmusik ist die des
Kalendermannes in Johann Peter Hebels Werk" ,
erzählt Hans Stiegeler. "Mein persönlicher
Höhepunkt am Hebelfest ist das Abholen der Gäste
aus Basel am Bahnhof" , erzählt er. Um diesen
Brauch zu verstehen, muss man zum Ursprung des
Hebelfestes zurück. Begonnen hat alles am 10.
Mai 1860, dem 100. Geburtstag von Johann Peter
Hebel. Neun Gemeinden waren damit beschäftigt,
eine zentrale Hebelfeier auszurichten. "Alle
wollten die Feier ausrichten, aber Hausen wurde
ausgewählt" , weiß Hans Stiegeler. Im Hüttenwerk
war das Hebeldenkmal (Büste von Johann Peter
Hebel) angefertigt worden, das bis heute in
Hausen steht und am 10. Mai 1860 feierlich
enthüllt wurde. Viele Tausend Gäste von
überallher kamen nach Hausen. In Basel wurde am
selben Tag eine Stiftung gegründet, die im Sinne
Hebels handelte. Hebel hatte nämlich den
testamentarischen Wunsch geäußert, dass den
Bürgern von Hausen, dem Heimatdorf seiner
Mutter, nach seinem Tod jeden Sonntag ein
Schoppen Wein spendiert werden sollte. Er konnte
nicht wissen, dass sein Bankier durch einen
Bankrott einen Großteil seines Vermögens
vernichten würde. Zum 100. Geburtstag griffen
die Basler diesen Wunsch auf und gründeten die
Stiftung. Mit den Zinsen des Vermögens wird
jedes Jahr am Hebelfest das Hebelmähli für die
zwölf ältesten Männer im Dorf (heute die alten
Mannen), die Brautgabe und ein Büchlein Hebels
für die besten vier Schüler der oberen Klassen
gezahlt. Am 10. Mai 1861 schrieb der damalige
Stiftungspräsident einen Brief an die Hausener,
dass Herren aus Basel kommen werden, um das
Vermächtnis zu realisieren. "Früher waren die
alten Mannen eingetragene Nutzbürger. Verköstigt
wurden sie mit Forellen. Heute wird den alten
Mannen ein gutbürgerliches badisches Essen
serviert" , erzählt Hans Stiegeler. Die
Brautgabe ging an eine ehrbare Jungfrau, das war
die Bedingung. Als 1893 keine gefunden wurde,
gab es stattdessen ein Kaffeekränzchen für
ältere Damen im Dorf.
Hebel hätte
sicher Freude an seiner Geburtstagsfeier
Das Hebelfest überdauerte auch den Zweiten
Weltkrieg, "lediglich am 10. Mai 1945 fiel es
aus" , weiß Hans Stiegeler. Während der NS-Zeit
sei versucht worden, das Hebelfest für
politische Zwecke zu instrumentalisieren.
"Dagegen haben sich der damalige Hausener
Bürgermeister Hauser und der Präsident der
Basler Hebelstiftung Altwegg erfolgreich
gewehrt" , zollt Hans Stiegeler ihnen bis heute
Respekt. Und die Basler schafften es, die
begehrten Gaben und das Geld fürs Hebelmähli
irgendwie über die Grenze zu bringen. "Früher
waren die Basler die Damen und Herren aus der
Stadt, heute sind sie gute Freunde in Hausen" ,
sagt Hans Stiegeler. Neu hinzu kam 1936 der
Hebelpreis. Nach dem Krieg wurde er alle zwei
Jahre verliehen, zunächst an Schriftsteller, die
einen schweren Stand hatten. Ins Leben gerufen
hatte ihn das Land Baden.
Etwas Besonderes ist das Hebelhaus in Hausen, in
dem Johann Peter Hebel Teile seiner Kindheit
verbrachte. Heute ist es ein Literaturmuseum von
Rang mit Original-Exponaten des Dichters.
Der Erfolg des Hebelfestes ist aus Hans
Stiegelers Sicht, dass wirklich alle im Dorf
mitmachen und dahinterstehen. "Ich gebe dem
Hebelfest auch für die nächsten 100 Jahre gute
Chancen, denn Hausen und Hebelfest gehören
zusammen." Stiegeler ist sich sicher, dass Hebel
Freude an seiner Geburtstagsfeier hätte, "denn
er war ein geselliger Mensch" .
Kleine Anekdoten sind Hans Stiegeler im
Gedächtnis geblieben. Beispiel: Bei einem
Hebelfest in den 90er-Jahren wollte die Musik
kurz nach 11 Uhr losmarschieren, um die Gäste am
Bahnhof abzuholen. Doch wo war der Dirigent? Die
Zeit drängte und sein Vize führte in der Not die
Musik mit klingendem Spiel zum Bahnhof.
Als der Zug in den Bahnhof rollte, kam der
"Chef" außer Atem im Laufschritt angerannt. Die
Tagwache am Hebelfest hatte ihn so müde gemacht,
dass er sich ein Nickerchen gegönnt hatte. "Es
war bis jetzt das erste und einzige Mal, dass
die Hebelmusik mit zwei Dirigenten die Basler
Gäste abholte."
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