Presse aktuell 2013


 Badische Zeitung vom 12.11.13

Ironisch-heiterer Fatalismus

Arnold Stadler in Lörrach bei "Literarischen Begegnungen"



Arnold Stadler (Foto: Th. Quartier)

Mit Arnold Stadler war erneut ein preisgekrönter Autor Gast des Hebelbunds Lörrach. Der Verein lädt in seiner Veranstaltungsreihe "Literarische Begegnungen" regelmäßig Schriftsteller in die Stadt ein, die im Geiste Johann Peter Hebels arbeiten. Am Sonntag las der in Meßkirch geborene Schriftsteller im Dreiländermuseum aus seinem Band "New York machen wir beim nächsten Mal. Geschichten aus dem Zweistromland" .

Auf den "protestantischen Index" gehöre Hebels berühmtes Gedicht "Die Vergänglichkeit", so die These Stadlers in einem Essay aus dem Jahr 1997. Denn des Dichters Lehre von den "letzten Dingen" sei, so die Argumentation Stadlers, nicht die des Christentums, sondern "eine, die von der Unerbittlichkeit des Ablaufs der Welt, vom stoischen Gesetz des Werdens und Vergehens ausgeht". Der Dichter Hebel, nicht der Theologe, ende bei "der Poesie und beim Schweigen als letzter und höchster Antwort auf die letzten Dinge". Eine umstrittene These, die denen nicht gefällt, die den Antrieb des hebelschen Schreibens in erster Linie in der Religion und nicht im philosophisch-künstlerischen Blick auf die Welt sehen.

Vor drei Jahren nun entschied sich die Hebel-Preis-Jury des Landes Baden-Württemberg, in der auch der Hebelbund Lörrach mit einem Sitz vertreten ist, für Arnold Stadler als Preisträger. Etwas spät freilich mit Blick auf die Verleihung des Büchner-Preises an den baden-württembergischen Schriftsteller bereits im Jahr 1999. Schließlich hat sich dieser nicht nur theoretisch schon seit vielen Jahren mit Hebels Schaffen auseinandergesetzt, sondern sein eigenes Schreiben auch deutlich erkennbar am Werk des hiesigen Dichters geschult. Auch Volker Habermaier, seit 2010 Juror der Hebel-Preis-Jury und Moderator der Lesung am Sonntag, sieht im "ironisch-heiteren Fatalismus" bei Stadler eine deutliche Hebel-Referenz.

Der vor zwei Jahren erschienene Band Stadlers "New York machen wir beim nächsten Mal" sei nun, so sagte der Autor in Lörrach selbst, wie auch andere seiner Werke an die Musik- und Sprachwelt Hebels angelehnt und mehr noch: "ein Neigungsversuch in Richtung Hebel" sogar. Die Geschichten des Buchs drehen sich um den Protagonisten Roland — ein Alter Ego des Schriftstellers, der im Vornamen auch noch mit einem Anagramm des Autorennamens Arnold ausgestattet ist. Um Roland nun und sein knapp 60-jähriges Leben, das in Oberschwaben begann und in dem sich seither viel Wesentliches und Unwesentliches zugetragen hat, geht es in dem Band.

Dieser ist, und das ist für den geübten wie den ungeübten Leser und Zuhörer erkennbar, ein mal mehr und mal weniger aufgeräumtes Sammelsurium an Vorarbeiten und Studien zu größeren Arbeiten, an Gedankenfetzen und Mini-Erzählungen — letztere wieder deutlich im Stil der Hebelschen Kalendergeschichten. Das alles passt irgendwie zusammen wie überhaupt alles miteinander zusammenhängt im Leben und in diesem kleinen Buch, vor allem wenn es in der Biographie eines Menschen mündet. Dieser Mensch ist der große Autor Arnold Stadler.

Claudia Gabler